Dein Warenkorb ist gerade leer!
Weg 20: Grenzweg Nord
ยปZeigefinger in sรคchsischer Landschaftยซ
April 2025: Weg 20: ยปGrenzweg Nordยซ von Dr. Michael Damme und Matthias Griebel
An der Pulsnitz entlang auf dem Pfad der tausend Eichen
Am Ostersonntag 2012 marschierten wir im Zentrum der Lausitz und der Sorben von PanschwitzโKuckau aus. Am Ostersonntag 2014 nun fuฬhrt uns der Weg zum westlichsten Ort der Lausitz von Ortrand aus nach Lindenau in das Gebiet des Schraden. Von Dresden uฬber die A13 fahren wir aber in Thiendorf ab und unternehmen nach links fahrend einen Abstecher zum โTraumschloรโ Schรถnfeld. An den Gedenksteinen lesen wir, dass auch die sรคchsischen Kรถnige Georg, Albert und Friedrich August hier weilten und den Reiz dieser Anlage schรคtzten.


Schloร Schรถnfeld:
Das auf einer kleinen Anhรถhe gelegene heutige Schloร von baukuฬnstlerischer Bedeutung geht auf eine Vorgรคngeranlage zuruฬck. Die in Sachsen seit dem 13.Jahrhundert ansรคssige Familie von Erdmannsdorf hatte hier 1570/90 ein Renaissanceschloร erbaut. Im 19.Jhd. wechselte der Besitz an die Freiherrliche Familie von Gutsbesitzern, Inhaber des Eisenhammerwerkes Dรถlzschen sowie der Burgker Steinkohlengruben, von Dathe und Burgk. Maximilian von Dathe und Burgk, Kรถnig-lich Sรคchsischer Kammerherr, Rittmeister a.D. und Fideikommissherr auf Schรถnfeld, lieร 1882-84 durch massive Umbauten den neuen Herrensitz als typisches Buฬrgerschloร im Neorenaissancestil durch Gotthilf Ludwig Mรถckel (1838-1915) errichten. Die Anlage vom Groรen und Kleinen Schloร, Wagenremise, Kuฬchentrakt, Fasanerie und Wirtschaftsgebรคude hat ihren Hauptakzent in dem dreigeschossigen Groรen Turm mit 13m Auรendurchmesser. 1945 verlief in Schรถnfeld das Frontgebiet. Die Lรคndereien wurden enteignet und im Schloร waren nacheinander die Kommandantur der Roten Armee, Umsiedlerwohnungen und Landwirtschaftseinrichtungen, wie MTS, VdgB und LPG untergebracht. Bereits 1964/65 wurden Restaurierungsarbeiten am und im Schloร durchgefuฬhrt; seit 1988 wurden diese intensiviert und halten bis heute an.
10 Minuten spรคter sind wir uฬber die A13 Richtung Berlin und rechts abbiegend am Ausgangs-punkt unserer gemuฬtlichen etwa 14 km langen Osterroute, in Ortrand. Ein originelles Schild am Ortseingang zeigt uns wie weit es von Ortrand bis nach Kapstadt, nach New York oder bis nach Spitzbergen ist. Fuฬr uns einfache Wandergesellen sowieso viel zu weit und zu heiร oder zu kalt. Wir parken unser Auto auf dem Altmarkt. Ein kurzer Blick uฬber den Platz, auf das Rathaus und die Postmeilensรคule und ab gehtโs in Richtung der Kirche uฬber die Pfarrgasse zum Kirchplatz. In der Stadtkirche St. Barbara bereitet man sich gerade auf den Oster-gottesdienst vor und bittet uns doch hier zu bleiben. Wir lehnen dankend ab. Dann die uฬblichen Fragen woher, wohin. Als wir denen erzรคhlen, dass der Bildhauer der die neue Ausstattung der Kirche schuf, Friedrich Press, fast unser Nachbar war, staunen sie und wuฬnschen uns eine gesegnete Wanderung. Der Allmรคchtige muss das vernommen haben, denn uns war ein Traumwetter beschieden. Als wir uฬber die Schulgasse zur Pulsnitz hin gehen lรคuten die Glocken โ 10:00 Uhr. Weiter nach links uฬber die Straรe der Einheit und da gleich uฬber die Pulsnitz vorbei an der Schรคnke โZum Ritterhofโ und links in die Lindenauer Straรe vorbei an ein paar Einfamilienhรคusern. Weiter uฬber die Straรe โGroรe Lamprichteโ an einem Weinfeld vorbei. Fast am Ende der Siedlung, fuฬhrt der Weg โAn der Pulsnitzโ hinunter zum Wehr, vor dem sich das Fluฬรchen teilt. Die Neue Pulsnitz zweigt vor dem Wehr links ab. Nach 0,7 km sind wir nun an dem Wasser, das uns 2/3 unseres Weges begleiten wird.


Ortrand:
Der Ortsname bezeichnet die Grenzlage an der Pulsnitz zur Oberlausitz. Bei einer im 12. Jhd. erbauten Grenzburg mit Burgsiedlung entstand die 1238 genannte Gruฬndung der Stadt an der โHohen Straรeโ als planmรครige Stadtanlage. Anstelle der alten Burg wird zwischen 1312 und 1433 ein Schloร erwรคhnt, das bei den Hussiteneinfรคllen zerstรถrt und 1500 abgebrochen wurde; sein Standort war der heutige Topfmarkt.
Im 19. Jhd. setzte die Industrialisierung ein, Wollspinnereien, Tuchfabriken und das bis 1990 existierende Kunstseidenwerk sind zu nennen.
Bedeutende Baudenkmale sind die evangelische Stadtkirche St. Barbara, die nach dem Stadt-brand von 1728 unter Leitung von George Bรคhr erneuert wurde, die evangelische Pfarrkirche St. Jakob, sowie das klassizistische Rathaus von 1840 und das Herrenhaus โLehnsmuฬhlen-schlรถsschenโ in der Muฬhlgasse.
Vorbei geht es an einer schรถnen, wilden Obststreuwiese. Zum Gluฬck fuฬhrt die Pulsnitz, die in Ohorn entspringt und nach 60 km in Elsterwerda in die Schwarze Elster muฬndet, kein Hochwasser. So kommen wir trockenen Fuรes unter der niedrigen Autobahnbruฬcke hindurch, ohne einen Umweg uฬber die Landstraรe L59. Nun geht es immer entlang des Fluฬsschens auf dem von der Juniflut 2013 frisch sanierten Damm, dem โPfad der tausend Eichenโ 2,5 km bis zu einem Wehr in Hรถhe Lindenau. Kurz davor muฬndet die โNeue Pulsnitzโ wieder in den Mutterfluร. Unterwegs sehen wir die Spuren eines fleiรigen Baumeisters, der besonders die Birken zwischen den Eichen als Bauholz ausgemacht hat โ der Biber. Seine Burg finden wir nicht, aber seine Spur ist unuฬbersehbar. Auch der Fischotter und der Lachs sind in die Landschaft des Schraden zuruฬckgekehrt. Und als der Lรคrm der Autobahn langsam verstummt, uฬbernehmen zahllose Vรถgel die Begleitmusik auf unserem Weg. รberall durchziehen nun Kanรคle die Ebene, hier im โSchradenโ. Wir marschieren 0,3 km nach rechts entlang des Muฬhlgrabens in Richtung Lindenau. Dann nach links uฬber eine Bruฬcke auf dem Schwinzweg parallel des Scheibeneichelgrabens und nach 0,2 km, hinter den Schrebergรคrten nach rechts in Richtung Sportplatz. Nach dem Sportkasino geht`s nach rechts bis wir wieder auf den Muฬhlgraben treffen. Dem folgen wir weiter vorbei an der gegenuฬberliegenden, Lindenauer โBlauen Muฬhleโ, die man auch aus dem Ortskern uฬber die Muฬhlgasse vorbei am Kalmusteich erreichen kann. Wir folgen dem Muฬhlgraben in einem langen Linksschwenk. Gegenuฬber liegt ein Auwald. Nach 1,4 km liegt das Schloร Lindenau vor uns, hier im westlichsten Ort der Oberlausitz, am Rande des Schraden. Ein Rundgang um das Schloร und durch den schรถnen Park ist ein romantisches Erlebnis, bei dem man die Ruhe des Ortes einatmen kann.


Die Pulsnitz:
Der linksseitige Nebenfluร der Schwarzen Elster entspringt unweit der Stadt Pulsnitz in einer Brunnengefassten Quelle in der Gemeinde Ohorn in 349m uฬ. NN. Ihr Name geht auf die altsorbische Grundform Polnica zuruฬck, was in etwa kriechen, langsam fliesen bedeutet. Der alte Oberlausitzer (bรถhmisch) – Meiรnische Grenzfluร tritt bei Ortrand ins Brandenburgische und muฬndet nach 56 km bei Elsterwerda in die Schwarze Elster. Ein kanalisierter Fluรarm, die so ge-nannte Neue oder Grenzpulsnitz verlรคuft wie der Fluร selber, durch die Bruchlandschaft des Schraden:
Die Sumpf- und Moorlandschaft, gebildet durch die Wasser der Pulsnitz und der Schwarzen Elster, liegt unter 100 m uฬ.NN und erstreckt sich uฬber 15.000 ha. Schon um 1200 erwรคhnen Urkunden โZtradinโ, das sorbische Wort fuฬr Sumpfwald oder Niedermoor. Die Torf- und Braunkohlengewin-nung erforderte schon um 1850 planmรครige Wasserbaumaรnahmen. Als man 1925 einen Elbe-Spree-Oder-Kanal durch das Gebiet plante, der jedoch nicht zur Ausfuฬhrung kam, wurden nachfolgend dennoch umfassende Meliorationen zu Gunsten der Landwirtschaft intensiviert. Heute durch ziehen den Schraden 350 Grรคben mit einer Flieswasserstrecke von 320 km.
Wir gehen durch das Torhaus vorbei an der Dorfkirche hin zum Gasthof, der gerade `mal geรถffnet hat und genehmigen uns ein Urkrostitzer Bier (0,5ltr = 1,70 โฌ!) vom Fass. Ein Trinkbruder prostet uns zu. Der hatte uns in der Kirche in Ortrand gesehen.
Lindenau:
Der Ort in der Schradenniederung entstand im 14. Jhd. an einer Talsandterrasse und ist von umgebenden Teichanlagen โentwรคssertโ. Rittersitz, Vorwerk und Dorf waren im Besitz derer von Glaubitz und von Minckwitz bevor der Kurfuฬrstlich-Sรคchsische Kabinettsminister Heinrich Graf von Bruฬhl (1700-1763) Lehnsherr wurde. Von dessen Nachbesitzern ist vor allem die Fuฬrstenfamilie von Lynar bis 1945 zu nennen. Eine Wasserburg war Vorgรคnger des ersten Renaissanceschlosses, das im 16., 17. und 18. Jhd. hรคufig erweitert und umgebaut wurde. Der heutige neobarocke Schloรbau resultiert aus dem 19. Jhd.; eine letzte Umgestaltung fand 1920 statt. Nach 1945 fungierte die Schloรanlage als Lehrerbildungsinstitut, von 1951-1998 als Kinderheim. Ein Ausbau zur Seniorenresidenz war vorgesehen. Gut erhalten ist das imposante Torhaus von 1690, heute Heimatstube mit Uhrenmuseum. Dicht dabei die evangelische Schloรkirche von 1668. Bemerkenswert ist der 23 Hektar groรe Landschaftspark, der axial auf das Schloร ausgerichtet ist.
Einmal also durch den Schloรpark, dann zuruฬck uฬber den Muฬhlgraben gleich links in den Weg โAm Parkโ und am Muฬhlgraben entlang uฬber die Wiesen bis zur Elsterwerdaer Straรe – 0,8 km.
Auf der einsturzgefรคhrdeten Straรenbruฬcke liefen wir uฬber die Pulsnitz und an deren anderem Ufer zuruฬck. Links die Pulsnitz und rechts ein Kanal. In der Achse des Schlosses hat das Hochwasser auch die ehemalige Bruฬcke entschรคrft. Doch bei nรคherem Hinschauen kรถnnte man trockenen Fuรes uฬber die groรen Bruchsteine gehen. Vorbei am Graben Nr. 6 und am Groรthiemig โ Krauschuฬtzer โ Binnengraben und dann nach rechts in den Weg, den wir auf dem Herweg bereits parallel zum Scheibenei-chelgraben liefen.

Der Weg fuฬhrt am Graben Nr. 5 entlang direkt in das Straรenangerdorf Frauwal-de. Nach 1,8 km erreichen wir den Ort. Auf der Dorf-straรe nach links bis zum Dorfkrug in der Dorfmitte. Hier trinken wir ein kleines Urkrostitzer und erledigen wichtige Geschรคfte. Dann weiter bis ans Ende der Dorfstraรe und links ent-lang am Binnengraben Nr. 3. Eine Ringelnatter fuฬhlt sich von uns gestรถrt und taucht in das Wasser ab. Nach 1,5 km endet der Graben und wir biegen nach rechts am Binnen-graben ab. In Hรถhe des Schlosses fuฬhrt uns ein Weg links hinein bis zu einer verzinkten neugotischen Tuฬr, hinter der wir nach 0,8 km im Schloรpark Groร-kmehlen stehen. Nach dem Gang um das Wasser-schloร und dem Spielen auf der Silbermannorgel, was uns die freundliche Frau Winkler aus der Pfarrei erlaubte, gehtโs weiter uฬber die Straรe โAm Angerโ durch ein รคhnliches Straรenangerdorf wie Frauwalde, an Richters Gasthaus vorbei auf die Kmehlener Berge zu. Nach 0,7 km nach links in den Oberweg Richtung Kleinkmehlen. Frau Winkler erzรคhlte uns zuvor, dass der 201m hohe Kutschenberg der Hรถchste Berg in Brandenburg ist โฆ alles altes Sachsenland โฆ denke ich, aber das ist wohl nun vรถllig Wurscht, welchem Bundesland dieser Huggl gehรถrt, Hauptsache die Sachsen und Preuรen kรถnnen das Land gleichermaรen, wie wir durchstreifen. Unterhalb der Landesgrenze fuฬhrt der Weg unter der A13 hindurch bis zur Brunnenstraรe – 2,3 km. Diese nach links abwรคrts, den Kirchturm schon im Blick. Nach den letzten 0,8 km sind wir wieder auf dem Ortrander Markt angekommen. War das eine schรถne Wanderung in einer Landschaft von der wir bisher auch nur entfernt gehรถrt hatten.

Groรkmehlen:
Der Ort Chemel`n (Ort wo Hopfen wรคchst) wird schon um 1200 genannt. Das heutige Schloร, eine imposante Renaissanceanlage, war im Ursprung eine mitteldeutsche Wasserburg und wurde vom 15. Jahrhundert bis ins 18.Jhd., das ist die lange Besitzzeit der Familie von Luฬttichau, erweitert. Im Inneren sind vor allem bedeutende Stukkaturen, vermutlich von italienischen Kuฬnstlern aus der zweiten Hรคlfte des 17. Jhd. bis heute erhalten. 1945 unter die Bodenreform gefallen, diente das Schloร ab 1950 als Alten- und Pflegeheim sowie zu landwirtschaftlichen Zwecken. Seit 1998 erfolgte eine umfassende Sanierung durch die Brandenburgische Schlรถsser GmbH. Zum Gesamtbild der Schloรanlage gehรถrt der 400 Jahre alte, 4 Hektar umfassende Park mit dem Lusthaus aus dem 17.Jahrhundert. Ortsbildprรคgend ist auch die nahe dem Schloร befindliche evangelische Dorfkirche aus der 2. Hรคlfte des 15. Jhd., die 1617 mit dem Westturm und um 1720/30 durch zweigeschossige Anbauten zur Kreuzform erweitert wurde. Dicht dabei das Pfarrhaus des 16. Jhd. mit seinem Fachwerkobergeschoร von 1717.
