Editorial November 2014

Allein mit nachgestellten Szenen und klug daherkommenden Erklรคrungen und Auswertungen im Fernsehen kann man die Gefรผhle, die uns 1989 beherrschten, nicht erfassen.

Jรผrgen Frohse
Jรผrgen Frohse

Immer wieder die gleichen Bilder. Immer wieder die westdeutsche Sicht, die damals meist nicht auf der Hรถhe der Zeit war. Immer wieder die alten Genossen. Was hat uns heute denn noch Margot Honecker zu sagen? Jedes Jahr zur selben Zeit โ€žDas Leben der Anderenโ€œ. Nur wenige Sendungen berรผhren. โ€žIch kann es nicht mehr sehenโ€œ, hรถrt man dagegen oft.

Ganz anders die Gedenkfeier in der Kreuzkirche. Wenn der ehemalige Superintendent Christoph Ziemer oder der damalige Landesjugendpfarrer Harald Bretschneider sprechen, fรผhlt man die Kraft von damals โ€“ und wird doch mit den heutigen Konflikten konfrontiert.

Der Elbhang-Kurier versuchte mit einem Sonderheft schon 1999, noch mit wachen Erinnerungen, die Ereignisse am Elbhang zusammenzufassen. Die besondere Situation in Pillnitz und die Grรผndung der Bรผrgerinitiative einen Tag nach dem Mauerfall vor 25 Jahren aber waren es uns wert, noch einmal in den originalen Unterlagen zu stรถbern und mit Beteiligten zu reden. Die Sprache der damals Verantwortlichen ist meist Zeugnis genug. Und wenn die Pillnitzer in den bewegten Wochen nicht viel aufschreiben konnten, weil ihnen die Hรคnde zitterten, zeigt das die heute kaum noch nachzuvollziehende Aufregung.

Auch wenn das Thema durch die Wiederholungen im Fernsehen verbrannt scheint, bleibt es spannend. Viele Dresdner โ€žtraten aus ihren Rollenโ€œ und zeigten Mut, wie der heute in Hosterwitz lebende Jรผrgen Bรถnninger. Er war damals in der Bรผrgerbewegung aktiv und spรคter ein ganz wesentlicher Mitinitiator des Denkmals โ€žSteine des AnstoรŸesโ€œ an der Kreuzkirche. Heute ist er ein sehr sozial agierender Unternehmer, der immer noch fรผr die Demokratie brennt.