Loschwitz feiert sich jung

Auf dem Dorfplatz Loschwitz โ€“ wie zuhause. Foto: Jรผrgen Frohse
Auf dem Dorfplatz Loschwitz โ€“ wie zuhause.
Foto: Jรผrgen Frohse

Rundum gelungenes Jubilรคumsfest

Etwas erschรถpft, aber sehr glรผcklich trafen sich viele Festorganisatoren nach ihrem 25. Jubilรคumsfest inmitten der Besuchermenge in ihrem โ€žLoschwitzer Wohnzimmerโ€œ. Die vรถllig neue, einmalige Gestaltung des Dorfkerns erwies sich als ein Volltreffer in der Publikumsgunst. Damit hat sich die Kreativitรคt im โ€žKรผnstlerdorfโ€œ Loschwitz von ihrer besten Seite gezeigt โ€“ so locker, modern und romantisch darf eine Jubilรคumsfeier hier sein. In die Bilder der 25 Elbhangfeste in der StraรŸenausstellung an der Pillnitzer LandstraรŸe wird sich diese wundervolle Idee wohl bald wรผrdig einreihen.

Viel Arbeit und Kopfzerbrechen im Vorfeld gingen dem voraus: Eine Extra-Arbeitsgruppe wurde gegrรผndet. Vereinsvorsitzender Volker Wenzel hatte die Idee und nahm das Projekt persรถnlich in die Hand, kรผmmerte sich um die Technik und fand viele Unterstรผtzer, u. a. Tom Roeder, der mit Sektbar und Stehlampen einen surrealen Wohnzimmer-Mittelpunkt schuf und mit der Musik den Nerv der Leute traf. Jenni Lindner recherchierte auf der Suche nach Sitzmรถbeln den ganzen Mai lang in E-Bay-Kleinanzeigen, telefonierte mit allen Spendern persรถnlich und und brachte so eine beeindruckende Fรผlle von Gemรผtlichkeit โ€“ insgesamt 45 Sofas, 30 Sessel, 19 Hocker, 15 Teppiche โ€“ auf den Platz, die selbst Stรผck fรผr Stรผck ihre Geschichte โ€žauf den Polsternโ€œ hatten. Ein Teppich lag ehemals im Wieck-Haus und zum Elbhangfest wieder in Loschwitz vor dem Haus. Die jรผngste โ€žSesselspenderinโ€œ war eine Studentin mit Anfang 20, die รคlteste eine 89-jรคhrige Dame, die ihren blauen Sessel zur Verfรผgung stellte.

Umยญrahmt wurde der Platz von einer Reihe von โ€žMรถbelnโ€œ, aus denen die Gรคste bewirtet wurden. Ebenยญso wie Standuhr, Fernseher-Bรผhne und Riesen-Bรผcherregal (bereits mit โ€žLoschยญwitz-Buchโ€œ) basierten diese auf ehrenamtlich handgezeichneten Vorlagen der Loschwitzer Bildhauerin Julia Schulz. Damit lieferte sie nach ihrer erfolgreichen Hausnummern-Aktion zum zweiten Mal einen tollen Beitrag zum Loschwitz-Jubilรคum.

Das Elbhangfest-Bรผro mit Mandy Mitter und Ulrike Schรผler stemmยญte die nicht unkomplizierte Umverlagerung des Weindorfes, kรผnstlerische Ausgestaltung und Bรผhnenprogramm. Auf der Fernseher-Bรผhne wurde ein Programm geboten, das von der Geburtstagstorte aus dem Hause Wippler von Blue Wonder Jazzband bis DEKAdance auch selbst Geschichtstrรคchtiges bot โ€“ gewรผrzt von Nachrichtensprecherin Regina Felber, die sich mit den Facetten des alten Loschwitz auf humorvolle Weise auseinandersetzte.

Ortsgeschichte ist alles andere als langweilig โ€“ man muss sie nur richtig erzรคhlen. Den Anfang hatten Matz Griebel, Otto-R. Wenzel, Dieter Hoffmann und Holger Friebel mit dem Podiumsgesprรคch im gut gefรผllten Ortsamt bereits am Freitag gemacht. Die Fortsetzung folgte im wieder themenreich und fantasievoll ausgestalteten Festumzug nach der offiziellen Festerรถffnung am Sonnabend-Vormittag mit Auftritt von Schirmherr und Schirmherrin, Matz Griebel und Susanne Berthold. รœber das, was im groรŸen Loschwitzer Geschichtsbuch zu lesen sein wird, informiert seit dem Elbhangfest-Wochenende das groรŸe begehbare Buch-Objekt am โ€žBrรคuยญstรผbelโ€œ am Kรถrnerplatz (siehe ELBHANG-KURIER 7/2015, Seite 10).

Holger Friebel


Impressionen


Volles Haus bei den โ€žRittern von Loschwitzโ€œ im Kirchgemeindehaus Loschwitz. Foto: Olaf Bernstengel
Volles Haus bei den โ€žRittern von Loschwitzโ€œ im Kirchgemeindehaus Loschwitz.
Foto: Olaf Bernstengel

Ortsverein belebt das Kirchgemeindehaus

Es war eine Premiere fรผr den Ortsverein Loschwitz-Wachwitz, beim Elbhangfest als Gastgeber in Erscheinung zu treten. Im Kirchgemeindehaus wurde Freitagabend die Ausstellung โ€žErinnerungen an Ritschers Marionettentheaterโ€œ von Olaf Bernยญstengel erรถffnet. Als Gast konnte die Tochter von Roland Ritscher Jutta Jegilka Anekdoten aus ihrer Kindheit beitragen und viele Besucher schwelgten in Erinnerungen an Ritschers Auftritte am Elbhang. โ€“ Die traditionelle Thomas-Rosenlรถcher-Lesung wurde vom Elbhangfest-Verein ins Kirchยญgemeindehaus verlegt und war wieder ein Besuchermagnet. Zum besonderen Highlight wurde die einmalige Auffรผhrung der โ€žRitter von Loschwitzโ€œ vom โ€žTraditionellen Marionettentheater Dombrowskyโ€œ, die im Auftrag des Elbhangfest-Vereins extra fรผr das Loschwitzer Jubilรคum neu inszeniert wurde. Die etwa 150 Zuschauer waren begeistert, aber auch die Akteure hinter der Bรผhne freuten sich รผber das groรŸe Interesse.

Olaf Bernstengel, der die Ausstellung konzipiert und das Marionettentheater Dombrowsky zu diesem Gastspiel รผberzeugt hatte, spielte am Sonntag vier Vorstellungen mit seinen tierischen Marionetten vom โ€žZirkus Gockeliniโ€œ. Umrahmt wurden die Veranstaltungen vom Cafรฉ des Ortsvereins mit vielen selbstgebackenen Kuchen. Ein rundes und gelungenes Programm, das, obwohl etwas auรŸerhalb des Festgelรคndes gelegen, gut angenommen wurde.

Jรผrgen Frohse / Sonja Bernstengel


Helmut Joe Sachse und Uwe Kropinski. Foto: Holger Friebel
Helmut Joe Sachse und Uwe Kropinski.
Foto: Holger Friebel

Kรผnstlerisches Flair in Niederpoyritzer Gรคrten

Restlos รผberfรผllt waren die Gรคrten von Rolf Sachse und seinen Nachbarn, als die zwei Spitzengitarristen Helmut Joe Sachse und Uwe Kropinski vor der Kulisse des grรผnen Hanges unter alten Obstbรคumen ein Feuerwerk auf Saiten entzรผndeten. Man glaubte teilweise ein Orchester zu hรถren, zumal die Solisten auch ihre Stimmen und die Resonanzkรถrper der Instrumente mitreiรŸend als Klang- bzw. Schlagwerk einzusetzen wussten.

Holger Friebel


Die Kirche im Dorf โ€“ Erรถffnungskonzert โ€“
โ€žEine kleine Elbhangmusikโ€œ mit Entdeckungen

Der Erรถffnungskonzertbesucher wurde รผber Jahre verwรถhnt: Meist ging es klassisch in der Kirche zu. Diesmal waren Loschwitzer โ€žKammermusikalische Raritรคtenโ€œ angesagt, dieย  bisher kaum an ein Loschwitzer Ohr gedrungen sind. Solche Herausforderungen kรถnnen nur Ensembles vom Rang der โ€žSinfoniettaโ€œ bewรคltigen. Und die Zuhรถrer, von Christian Mรถgel sachkundig begrรผรŸt, waren gleichfalls herausgefordert, vielleicht auch schockiert; es ist schon erstaunlich, welche musikalische Vielfalt am hiesigen Elbhang zu entdecken war. Die jรผngste Entdeckung dรผrfte der an der SteglichstraรŸe lebende Komponist Alexander Morawitz (51) sein. Im Sinfonietta-Auftrag schrieb er fรผrs diesjรคhrige Fest (Urauffรผhrung) die Kammermusik โ€žAuf der Schwelleโ€œ โ€“ offenbar eine Schwelle zu neuen musikalischen Ufern. โ€žHeben wir doch den Schatz!โ€œ dichtete vor Jahren der damalige Loschwitzer Manfred Streubel โ€“ und wurde deshalb vom Loschwitzer Rainer Kunad vertont. Entdeckungen รผber Entdeckungen…

Mauersberger war einer vom Hang

Eine Verneigung vor dem einstmaligen Kreuzkantor Rudolf Mauersberger hรคtte den Rahmen der โ€žKleinen Elbhangmusikโ€œ gesprengt. Ihm war deshalb exklusiv der Sonntagnachmittag in der Loschwitzer Kirche gewidmet. Exklusiv waren auch die Akteure, die sich kenntnisreich in Wort und Musik die โ€žMauersberger-Bรคlleโ€œ zuwarfen. So trat nochmals die รผberragende Kantorenpersรถnlichkeit ins Bild, das allerdings vornehmlich von Kruzianer-Erinnerungen bestimmt wurde. Mancher Zuhรถrer hรคtte sich das Gedenken vielleicht mehr in zeit- und musikgeschichtlichen Dimensionen gewรผnscht.

Dietrich Buschbeck


Alle Facetten des Tango mit opulentem Klang in der Weinbergkirche Pillnitz Foto: Holger Friebel
Alle Facetten des Tango mit opulentem Klang in der Weinbergkirche Pillnitz
Foto: Holger Friebel

Pillnitz: Abschlusskonzert in der Weinbergkirche โ€“
Alle Facetten des Tango mit opulentem Klang

Die Bandoneons um Jรผrgen Karthe wurden unterstรผtzt mit Geigen, Klavier, Bass, Cello, Gitarre, Tuba und Gesang bis auf รผber zwanzig Musiker. Es ging sofort los mit dem Tango, der dann traditionell und in modernen Eigenkompositionen zu hรถren war. Die Stimme des argentinischen Sรคngers Saul Villao gab dem Ganzen die Originalitรคt des โ€žGran Orquestra Carambolageโ€œ. Kein Wunder, dass Zugaben โ€žherbeigeklatschtโ€œ und vom groรŸartigen โ€žOrquestraโ€œ gegeben wurden.

Dieter Fischer


Eine Kabinettausstellung mit Hexen und Kรผrbissen im Taubenhaus

โ€žHier istย  es wie in einem Tempel im Seifersdorfer Talโ€œ, meinte der Dichter und Kunstexperte (und Loschwitzbuch-Mitautor) Dieter Hoffmann, als er gemeinsam mit dem Maler und Grafiker Klaus Drechsler am Donnerstag vor dem Fest am Wachwitzer โ€žTaubenhausโ€œ die Ausstellung โ€žAus der Freundschaft geborenโ€œ erรถffnete. Die beiden Akteure vereint nicht nur Kรผnstlerfreundschaft, sondern auch die Kunst der freien Rede. Das war das bestechend-Besondere der abendlichem Vernissage in Angelika und Christian Mรผllers beschaulichen Garten an der WollnerstraรŸe.

In Anspielung auf ย Kรผrbis und Walpurgisnacht ging es um kunstvoll verwobene Grafik und Texte, denen das i-Tรผpfelchen durch die Dudelsack- und Akkordeonmusik von Liesa und Ulrich Kรผnzelmann (Tochter und Vater) aufgesetzt wurde. Hier konnten Galeristen und Rezensenten manches lernen, und zugleich war es wohl die einzige Gelegenheit, beim Elbhangfest einen Dudelsack zu hรถren.

Dietrich Buschbeck


Der Elbhangposaunenchor spannte einen weiten Bogen

Am Erรถffnungsmorgen vor der Loschwitzer Kirche konnten wir ganz entspannt und heutig singen โ€žHappy birthdayโ€œ (24. Juni 1315), begleitet vom Elbhangposaunenchor, der dann aber mit einer kryptischen Auftaktmusik aus dem 14. Jahrhundert um 700 Jahre zurรผckging โ€“ anstelle einer รผblichen โ€žBlasmusikโ€œ. Und Volker Wenzel nahm den nachdenklichen Ton in seiner BegrรผรŸungsrede gekonnt auf. Darauf antworteten die Blรคser etwas beschwingter mit einem Tango, dem die fromme Choralmelodie โ€žVon Gott will ich nicht lassenโ€œ zugrunde lag. Wunder รผber Wunder im 700-jรคhrigen Dorf โ€ฆ

Dietrich Buschbeck


Dem Motto auf den Grund gegangen:
In der Loschwitzer Kirche trinken die Urgesteine nicht nur Wasser, sondern auch (Abendmahls-)Wein โ€ฆ

โ€ฆ und das mit gutem Gewissen auch zum diesjรคhrigen Elbhangfestgottesdienst. Pfarrer Markus Deckert bescheinigte dem aktuellen Festmotto ausdrรผcklich, dass es โ€žpredigttauglichโ€œ gewesen sei. Mehr kann man nicht verlangen, und entsprechend zeitnah geriet dann auch seine Festpredigt. Die Elbhangfest-Macher tun sicher gut daran, das nรคchstjรคhrige Motto rechtzeitig dem geistlichen Elbhangoberhaupt zu nennen, damit das Elbhangfest weiterhin den regionalen Titel โ€žGesamtkunstwerkโ€œ verdient (mรคnnliche Gottesdienstbesucher mรผssen aber auch weiterhin ihre Strohhรผte abnehmen).

Dietrich Buschbeck